HAGIB in Wien
Ein Besuch im Kunsthistorischen Museum
Anläßlich einer Städtereise nach Wien, hatte ich die Gelegenheit einen Vormittag in der Ägyptischen Abteilung des Kunsthistorischen Museums zu verbringen, bedauerlicherweise waren ein großer Teil der Exponate herausgenommen worden. Diese Teile wurden für eine große Ägypten-Ausstellung in Tokio gebraucht. Das hat aber dem tiefen Eindruck, den diese Sammlung hinterläßt, keinen Abbruch getan. Das Museum wurde 1891 eröffnet. Das äußere Erscheinungsbild ist geprägt durch den Geschmack der Zeit der Erbauung - es ist weitgehend das Werk von Gottfried Semper -. Die Fassadengestaltung ist voll symbolischer und allegorischer Darstellungen. Die Ausgestaltung der Räume ist abgestimmt auf die ausgestellten Sammlungen. Man betritt das Museum durch sehr hohe Türen und gelangt in einen großen Vorraum mit einem wunderschönen Bodenmosaik, daß einer Windrose nachempfunden ist. Von diesem Punkt gehen Treppenaufgänge ab, die zu den verschiedenen Sammlungen führen. Die rechte Treppe führt über ca. 10 Stufen nach oben, direkt zu dem Eingang der Ägyptischen Sammlung.
Den Eingang bewachen 2 ca. 1.80 m hohe Sachmet-Figuren aus der Zeit Amenophis III. 1400 v. Chr. Die Sammlung ist in ca. 8 Räumen unter-schiedlicher Größe untergebracht. Saal 1 und 2 werden durch 3 große Papyrusbündelsäulen beherrscht. Diese Säulen tragen gleichzeitig auch die jeweiligen Decken in den Räumen, die Säulen sind Originale und tragen Zeichnungen und Beschriftung.
(Diese Zeichnungen sind von Lepsius und dienten als Vorlage)
Alle Decken sind mit ägyptischen Motiven ausgemalt, welches den Eindruck noch verstärkt. Die Wandbemalung ist eine Arbeit von Ernst Weidenbach, nachempfunden dem Grab Chnum-hotep in Beni Hasan. Die Malerei wurde zur Weltausstellung in Wien angefertigt und anschließend in das Museum eingebaut. Von der Tür rechts befinden sich große Wandschränke, in denen viele Mumiensärge aus Holz aufbewahrt werden, ca. 21. Dy. Eine reiche Bemalung zeichnet diese Särge aus, im Unterteil des Schrankes befinden sich eine große Anzahl von Kanopenbehältern aus Kalzit, mit Abbildungen der 4 Horussöhnen.
Was bei einigen Sargteilen besonders auffällt, ist der starke Farbauftrag . Der Farbauftrag ist augenscheinlich bis zu 2 bis 3mm stark aufgetragen und hat die Form von einem Schmelzflußauftrag. An den Wänden befinden sich noch Steinsargteile des Hor und der Königin Chedeb-Nit-iret-Binet Die in dem Saal stehenden riesigen Steinsarkophage einschließlich Deckel des Nes-schu-tefnut mit 2.90m und des Pa-nehem-isis mit 2.05m Länge beherrschen den ganzen Raum. Die Ausführung der Beschriftungen und Götterfiguren ist einmalig genau und man müßte meinen, die Arbeit wäre mit einer Fräsmaschine gefertigt worden. In den daneben stehenden Glasvitrinen sind noch Holzsärge ausgestellt.
Der nächste Saal beinhaltet Stelen, Bruchstücke von Stellen, Sphinxen und Standfiguren der jeweiligen Zeiten.
Stele des Ha-Hat, Holz mit Stuck, 26 Dy. 640 v. Chr.
In besonderen Schränken werden Götterfiguren z.B. Osiris, Horus, Isis mit Kind und Sachmet in Gold, Bronze, Schiefer und Marmor gezeigt.
Gott Amun als Widderkopf 1150 v. Chr.
Ein Saal weiter kann man Grabstelen bewundern, deren Erhalt noch besonders gut sind. Da ist z.B. die Stele des Schreibers Amenhotep 19. Dy. aus der Zeit Sethos I. Die Stele ist in Form eines Hauses und das Dach ist als Pyramide ausgebildet. Der rechteckige Teil ist im Dachübergang mit einer Hohlkehle und Rundstab ausgebildet. Die Bemalung ist in Gelb gefertigt und Gelb die Farbe der Sonne soll hier die Möglichkeit der Wiedergeburt darstellen. Eine weitere Stele des Offiziers der Streitwagentruppen Meri-ptah mit einem sehr tiefen Relief, daß ganz mit den Farben Rot, Braun und Blau ausgelegt wurde. Der Text beginnt mit der typischen Opferformel. Der Verstorbene opfert im ersten Register vor den Göttern Anubis und Osiris und darunter werden ihm selbst Opfergaben von seinen Verwandten gebracht.
Cheti mit seiner Frau
Die den Raum beherrschende Großplastik ist die Stele des Königs Amenophis II. 1435 v. Chr. aus den Chnum-Tempel von der Insel Elephantine. Originalteile davon befinden sich in Museum in Kairo und Wien. Durch den Austausch von Abgüssen der jeweilig fehlenden Teile, ist jedes Museum jetzt in der Lage, eine komplette Figur zu zeigen. Eine Sitzgruppe des Itjef mit Frau, Tochter und Sohn aus der Zeit von 2200 v. Chr. gefunden in Giza , ist dort ausgestellt. Besonders fällt bei dieser Gruppe die feine Ausarbeitung der Körper, Arme
(Meri-Ptath, Si-Ese und Tochter Kafi)
und die Bemalung auf. Ein großer Barkensockel zum Abstellen der Kultbarke aus der Zeit Sethos I. hat eine Größe von 1.00 x 1.00 x 1.00 m und ist aus Quarzit. Auf den Wänden und Flächen sieht man den König vor den verschieden Gottheiten Opfer bringen.
In einem extra Raum ist die Kultkammer des Ka-ni-nisut untergebracht. Diese Kammer stammt aus der Zeit um 2450 v. Chr. 5 Dy. Giza. Die Größe beträgt ca. 3.60 x 1.60 x Höhe 2.40m. Ausgegraben wurde diese Kammer 1913 von Hermann Junker. Die Kammer enthält an der Westwand zwei Scheintüren. Hinter der linken Scheintür befand sich früher der verschlossene Statuenraum, das sogenannte Serdab, vor dieser Tür wurde der tägliche Totenkult vollzogen. Was sehenswert ist, ist auch eine Darstellung von Schiffen, die mit der Arbeit des Grabherrn zu tun haben . Seine Frau, Nefret-ha-nisut, die Eltern und Kinder sind dort an den Wänden als Relief dargestellt.
Die vor der Totenkammer befindlichen Ausstellungsräume tragen dem täglichen Leben im alten Ägypten Rechnung. Dort kann man eine Feldhacke und Bogenhölzer sowie Kopfstützen, Kämme und an den Wänden den Totenpapyrus des Chonsu-mes 21. Dy. Theben bewundern. Er hat eine Länge von 4.20m und ist in einem hervorragenden Zustand. Auch diese Räume sind es wert, daß man seinen Kopf hebt und die schönen Deckenausmalungen bewundert.
Ein kleiner Höhepunkt befindet sich im letzten Raum, zu mindestens für den Verfasser.
In einer Glasvitrine auf den Boden stehend, liegt der Mumienkopf eines Apisstieres. Bis jetzt war mir aus keiner Abhandlung bekannt, daß es so ein Objekt in einem europäischen Museum gibt. Nun, der Zustand dieses Exponat ist folgender.
Die Bindenwicklungen sind noch gut erhalten, sie haben eine braune Farbe und eine Breite von ca. 5-6cm. Ein Horn ist zur Hälfte abgebrochen und das zweite Horn ist komplett bis auf einen kleinen Abbruch an der Spitze. Auf der Stirn zwischen den Hörnern liegt eine goldene Scheibe, das Sonnensymbol. Die Nasenlöcher sind zusehen und mit Füllmaterial ausgestopft. Der Kopf ist aus der Zeit 3 1 Jh. v. Chr. aus Sakkara. Zu diesem Kopf gibt es noch einige Stierstelen aus Stein, die aus dem Serapeum sind.
Der Apis-Kult ist bereits in der Frühzeit der ägyptischen Geschichte belegt, und zweifellos gab es seit der 1 Dy. oder sogar schon früher eine heilige Apis-Begräbnisstätte in Sakkara. Nicht jeder Stier konnte zum Apis-Stier auserwählt werden. Bei Herodot ist zu lesen welche Zeichen er haben mußte.
Dort steht: "Er ist schwarz, hat auf der Stirn ein weißes Viereck, auf dem Rücken das Bild eines Adlers, im Schweif doppelte Haare und unter der Zunge das Bild eines Käfers." Wenn ein neuer Stier nach Memphis gebracht wurde, um dort zur lebenden Erscheinungsform des Ptath erklärt zu werden, wurde er stets von seiner Mutter begleitet. Man glaubte, daß der Apis-Stier durch einen Strahl vom Himmel von seiner Mutter empfangen wurde, und daher galt sie als eine Erscheinungsform der Göttin Isis.
An dieser Stelle schießt sich der Rundgang durch die ägyptische Abteilung.
Ein bißchen noch zur Geschichte der Sammlung. Durch den Neubau des Museum 1871 wurde es möglich verschiedene bestehende Sammlungen durch Ankauf, Schenkungen und Fundteilungen nach Ausgrabungen zusammenzustellen. Teile kamen von Heinrich Brugsch, Kronprinz Rudolf, Schenkung der ägyptischen Regierung, Anton Gareis, Ernst von Bergmann, Jakob Krall, Anton Graf Prokesch-Osten, Theodor Graf und kleineren Privatsammlungen. Seit einiger Zeit gibt es auch hier am Museum einen Freundeskreis als Förderer, der aus seinen Mitteln einige Exponate angekauft habt.
An einem gut geführten Verkaufsstand kann man Bücher, Dias, Postkarten, Repliken und ein gutes Video erhalten. Zu der in Japan laufenden Ausstellung wurde ein Katalog erstellt, welcher viele Exponate in großen Fotos zeigt, die nicht in der deutschen Ausgabe des Verlag Philipp von Zabern zu sehen sind. Da kann man den japanischen Text gern in Kauf nehmen. Ich gebe hier auch die Adresse und Telefonnummer bekannt:
Museumsshop
Burgring 5
A-1010 Wien
Telefon 00431-525 24/534
Fax 00431-523 27 70
WebSite: http://www.khm.at
e-mail: brigitte wolf@khm.at
Ich wünsche den weiteren Besuchern viel Spaß mit dieser Sammlung.