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Kom Ombo - Haroeris-Sobek Tempel

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Das Doppelheiligtum von Kom Ombo - Haroeris-Sobek-Tempel

Heute möchte ich Sie zu einem Besuch des Doppeltempels von Kom Ombo einladen. Unser Schiff hatte am Abend in Kom Ombo Anker geworfen, und wir machten mit einer kleinen Gruppe einen Spaziergang auf der Promenade zum Tempel. Ganz in der Ferne hörte man die harten Klänge einer Disco, aber auf der Uferstraße herrschte eine angenehme Stille. Unter einem Feigenbaum bot ein älterer Mann einige Zigaretten feil, die Verkaufsstände der Händler vor dem Tempel waren verwaist, und unmittelbar vor dem Kassenhäuschen lagerten die Tempelwächter bei einer Wasserpfeife und luden uns zum Plaudern ein. Über uns ragte die Umfassungsmauer empor, welche dem ganzen einen merkwürdigen Eindruck verlieh, zumal der Tempel selbst in totaler Finsternis lag. Er liegt vom Nil aus gesehen auf einem Hügel aus Nilschlamm. Durch die Regulierung des Nils ist dieser Zustand entstanden. Ein bißchen unheimlich war es schon.


Am Morgen in der Früh, es war gerade 7.00 Uhr, war für unser Schiff die Besichtigung angesetzt, wegen der Wärme und der Weiterfahrt unseres Schiffes. Wie hatte sich das Bild gewandelt! Nun strömten die Massen auf den Eingang zu und die Treppen hinauf. Die Reiseleiter riefen nach ihren Gruppen und versuchten, ihnen etwas zu erklären.
In Kom Ombo am Platz des alten Nubit verehrte man anfangs das so ungleiche Götterpaar Horus und Seth, dann, als der Osiris-Mörder Seth in Acht und Bann gefallen war, dafür den falkenköpfigen Haroeris und den krokodilköpfigen Sobek und erbaute für die beiden, ganz dem traditionellen Schema von Dendera oder Edfu folgend, in zweiten vorchristlichen Jahrhundert ein Doppelheiligtum. So wurde die Anlage zwar etwas zu breit im Aufriß und wird von manchen als zu schwerfällig angesehen, macht das aber wett durch seine Lage auf dem Hügel über dem sanft-geschwungenen Nilufer. Die Baumeister zerlegten ganz einfach den Tempel in zwei längs der Mittelachse gelagerte parallel Schiffe - nicht in zwei Tempel. Zwar haben beide ein separates Sanktuar, das aber trotzdem eine Einheit bildet. Um beide gemeinsam zieht ein Umgang, an dem die Räume für die beiden gemeinsame Neunheit liegen, rechts für Sobek, links für die des Haroeris. Die Hauptbauteile sind nicht verdoppelt, sondern aufgeteilt, so daß wie am Pylon auch die anderen Wanddurchgänge verdoppelt sind und daher je ein Prozessionsweg achsenparallel durch den Vorsaal, die Säulenhalle und die drei Vorzimmer zum Allerheiligsten führt. Und wie in Edfu betonen zwei umlaufende Steinwände die Distanz von außen zur inneren Abgeschlossenheit.
 

Gleich hinter dem Eingang auf dem ersten Hof befindet sich ein kleines Haus an der Umfassungsmauer. In diesem Gebäude kann man die Krokodilmumien bestaunen. Die hier im Tempel lebenden Tiere wurden mumifiziert und beerdigt.

Dreht man sich an dieser Stelle einmal herum, hat man einen wunderschönen Blick über das Land zum Nil. Der Tempel hat, wie schon angefügt, zwei parallele Sanktuare mit getrennten Zugangswegen und wird mit einer gemeinsamen Umfassungsmauer begrenzt. Die äußere Umfassungsmauer hat eine Größe von ca. 51 x 96m und umfaßt das Tempelhaus und seinen Säulenhof. Der nilseitige (alte) Eingang durch die Umfassungsmauer ist kein eigentlicher Pylon, sondern ein Doppelportal

Hinter dem Portal erhebt sich das Tempelhaus, eingeleitet durch den besonders eindrucksvollen Pranaos von 3x5 zwölf Meter hohen Säulen. Ihre herrliche Kompositkapitelle haben schon manchen Künstler des 19. Jh.s zu einer Darstellung angeregt. Der heutige Besucher macht sich keinen Begriff von dem Zustand der Vergangenheit. Nur wenn man aufmerksam an das Gebäude herangeht stellt man die Ergänzung der Teile fest. Ich habe auf dem Schiff das Buch von David Roberts „Reise nach Ägypten“ erstanden. In diesem Buch sind seine Zeichnungen abgedruckt, die er im Jahre 1838 gemacht hat. Sie zeigen den eingestürzten und mit viel Sand gefüllten Tempel in der damaligen Situation. Die Ausgrabungen begannen ungefähr im Jahre 1860.

Wenn man in der Säulenhalle steht, fallen einem zwei Dinge besonders auf. Als erstes, auf den Wänden sind alle schriftlichen und figürlichen Darstellungen in erhabener Form dargestellt, während die Darstellungen auf den Säulen sich in einem sehr starken und tiefen Relief zeigen..

Viele Sonnen und fliegende Geier zieren Architrave und Decken, soweit noch vorhanden. Götter und Könige wie Neos Dionysos, Euergetes II., Kleopatra, Trajan und natürlich die Tempelinhaber Sobek und Haroeris, aber auch Chons und die Götterbarke werden an den Wänden und Säulentrommeln dargestellt. In einem Raum hinter dem Säulensaal befindet sich die Namenskartusche von der Königin Kleopatra. Diese Kartusche soll unter anderem Champollion bei der Übersetzung der Hiroglyphen geholfen haben - sagt man.

Des weiteren sei zu vermerken, daß zwar zwei Wege zu dem Allerheiligsten führen, sie aber an vielen Stellen durch Querverbindungen verbunden sind, was für den aufmerksamen Besucher ein abwechslungsreiches Bild ergibt.
Wenn man sich die Zeichnung des Tempels ansieht, so wird man feststellen, daß es zwei unmittelbar um das Heiligtum führende Umgänge gibt. In dem einen Umgang befinden sich die Magazine zur Lagerung von den verschiensten Materialien mit zum Teil sehr gut erhaltenen Abbildungen. Wenn auch sehr stark nachgedunkelt. Der äußere Umgang ist bei näherer Betrachtung - meiner Meinung nach - von besonderem Reiz. ( Jeder, der im Ägyptischen Museum in Kairo die Treppen zum ersten Stock hinaufsteigt, wendet sich kurzentschlossen dem Saal mit den Grabschätzen Tut-anch-amuns zu. Linker Hand vom Eingang zur “Großen Galerie” befindet sich im Halbdunkel ein Schaukasten mit medizinischen Instrumenten - Messern, Pinzetten, Zangen, die im Laufe der Jahre gefunden wurden.)

Der Tempel von Kom Ombo muß insbesondere auch der Medizin gedient haben. Wie ist es sonst zu erklären, daß an der Nordwand des Tempels ein ganzer Schrank mit chirurgischen Instrumenten eingeschlagen wurde. Wenige Meter weiter wird in aller Deutlichkeit die Geburt eines Kindes gezeigt. Eine Frau hockt auf einem Stuhl ohne Sitz und darunter liegen Tücher, die das neugeborne Kind aufnehmen sollen. Diese Haltung wird auch heute noch in vielen Ländern der Erde bei der Geburt eines Kindes von den Frauen eingenommen. Die gezeigten Abbildungen lassen den Eindruck entstehen in einer Arztpraxis zu sein.
Was vielleicht auch nicht jedem Besucher bekannt ist, Kom Ombo war nicht nur ein Ort mit medizinischem Hintergrund, sondern auch ein Orakelort, vergleichbar mit der Oase Siwa oder Delphis in Griechenland.
 
Nicht weit von der Stelle entfernt - von der Darstellung der Geburt und den ärztlichen Instrumenten aus genau in der Mitte des Ganges auf der Innenseite, also an der Rückseite des inneren Umganges - direkt hinter dem Sanktuar - befindet sich eine Quadratische Öffnung,

die von den beiden Göttern des Tempels umrahmt wird. Früher als der Gang noch mit Deckensteinen überdacht war, ging man im Halbdunkel vor die Öffnung und brachte seine Fragen vor. Aus der dahinterliegenden Kammer konnte dann der Hohepriester dem Fragenden das Ergebnis mitteilen, ohne das dieser die Gottheit selber sehen konnte, den das war dem Volk nur an öffentlichen Feiertagen möglich. Dann trugen die Priester die Gottesstatue auf einer Barke durch die Straße zu einem Besuch der anderen Götter in ihren „Wohnstätten“.

Wir verlassen nun die Rückseite des Tempels und gehen auf die freie Fläche mit den wenigen Mauerresten. Dort kann man gut die Sicherungszapfen zur Sicherung der einzelnen Blöcke im Mauerverband sehen. Die aneinander liegenden Blöcke wurden an ihrer Oberseite hantelartig ausgeschlagen und die gemeinsame Vertiefung wurde mit Metall ausgegossen. Dadurch entstand eine gute Verbindung ohne Mörtel zu benötigen.



Ein überdachter Kriechgang führt unter dem Hof zu einem unterirdischen Raum. Vor dem Hof mit Altar und Granitwanne für rituelle Waschungen stand jenseits einer sechzehnsäuligen Kolonnade ein Geburtshaus, von dem eine Treppe unterirdisch zu einem Nilometer führt.

Von diesem Brunnen ging früher ein gemauerter Gang direkt zum Nil. Heute kann man von der Straße bei den Verkaufsständen einen Blick auf den Rest des Tunnel werfen. Anhand der eingelassenen Stufen im Brunnen, die einen bestimmten Abstand haben, konnte immer sehr genau der Wasserstand und die damit verbundene Überschwemmungshöhe abgelesen werden. In der Hathor-Kapelle von Domitian - sie liegt parallel zum Hof - fand man die oben erwähnten Krokodilmumien, die heiligen Tiere des Sobek, die man in besonderen Becken Pflegte.

Nicht weit von diesen Säulen, stehen einige Steinblöcke mit gut erhaltenen Reliefs auf Holzbalken im Hof, die darauf warten an passender Stelle eingebaut zu werden.

Zum Schluß noch etwas Geschichte. Es gibt einige Hinweise, daß an dieser Stelle schon ein älterer Tempel gestanden hat. Man geht davon aus, daß dieser Tempel aus der Zeit der 12. Dynastie sein soll.
Der jetzige Bau wurde unter Ptolemäus VI Philometer begonnen. Die Dekoration wurde noch bis in das 2. Und 3. Jh. n. Chr fortgesetzt. Der Tempel zählt zu den schönsten der großen sechs noch stehenden pholemäerzeitlich-römischen Bauwerken von Kalabscha, Philae, Kom Ombo, Edfu, Esna und Dendera.
Neuerdings wurden in der Nähe des Tempels auch noch zwölf Gräber aus der pholemäischen Zeit gefunden. Eine kunstvolle Grabbeigabe war ein ca. 12cm langes Krokodil aus Glas, das als Mumie eingewickelt war und auf den Mumienbinden befanden sich Texte mit Hieroglyphen.

Dieter Hein
 
 

Hilfen und Bücher:
Eigener Reisebericht
Fotos des Verfassers
DuMont Kunst-Reiseführer
Die geheime Medizin der Pharaonen, C. Stetter
Die Tempel Ägyptens, D. Arnold

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